Wenn man sich die zahlreichen Reaktionen im Netz anschaut, dann war für die meisten Milanisti von Anfang an klar, wie dieses Spiel am vergangenen Samstagabend ausgeht. Alles andere als ein geschenkter Sieg der Mourinho-Truppe hätte gar nicht in das engstirnige Konzept dieser „Fans“ gehabt, die sich nun jedes mögliche und unmögliche Konzept klammern – jetzt, wo Inter seinen angestammten Platz mit aller Macht zurückzuholen droht.
Insofern bleibt mir in eben gleicher zynischer Weise nichts anderes übrig, als mich bei José für die drei geschenkten Punkte zu bedanken, mit denen wir – zumindest einen Tag und 90 + 2 Minuten lang – die Tabellenspitze zurückerobert hatten.
Zynismus und Fan-Brille beiseite geschoben und das Spiel so wahrgenommen, wie es eher höchstwahrscheinlich wirklich war, kommt man zu ganz anderen Schlüssen. Vor allem, wenn man sich die ersten 30 Minuten vor Augen führt und sich nicht durch die nachträglichen Glättungen der Nachberichterstattung täuschen lässt.
Klar, eindeutig und ungefährdet am Ende – dank des Zwischensprints zwischen der 30. und 60. Minute. Danach hat man sich aufs Verwalten beschränkt, hat geschont und rotiert, was auch in Hinblick auf die kommenden Aufgaben in Bologna und Udine keine schlechte Idee ist. Überhaupt das Nachholspiel in Bologna – mir schwant schon Böses.
Die Schlüsselszene 1-0 Dumfries
Nach besagter halben Stunde allerdings folgte mit dem 1:0 die Schlüsselszene des Spiels. Spielaufbau von ganz hinten über mehrere Stationen, so wie wir das noch aus der Conte-Zeit kennen. Ab kurz vor der Mittellinie wird das Tempo urplötzlich angezogen, anstatt bedächtiger Querpässe geht es meist mit einer einzigen Ballberührung in die Tiefe.
Arrigo Sacchi, der sich immer wieder mit unqualifizierten Beiträgen zu Wort melden darf, bezeichnete das Spiel Inters, bei der ein Verteidiger/Flügelspieler wie Dumfries situativ auch die Mittelstürmerposition einnimmt, als hoffnungslos veraltet und aus den 60er-Jahren stammend. Von mir aus, wenn solch wunderschöne Tore dabei herauskommen, kann ich damit leben. Der Witz ist, er hat diese Aussage nach dem Last-Minute-Sieg Milans am Sonntagabend von sich gegeben. Was an Milans „Langer Ball auf Giroud, es wird schon gut gehen“ modern sein soll, weiß man wohl nur, wenn man vor seiner Trainerkarriere als Schuhverkäufer tätig war.